Wir haben gegessen und sind hoffentlich dabei satt geworden. Sicherlich nicht buchstäblich, aber eben doch und ganz wirklich. Denn das Abendmahl wollte uns stärken für alles das, was vor uns liegt an diesem Tag und den Tagen der vor uns liegenden Woche.
Das Abendmahl erinnert uns an das Herzstück unseres Glaubens – an Jesus selbst und an das, was er für uns getan hat. Das Abendmahl unterstreicht noch einmal schmackhaft, das das, was Jesus für uns getan hat - reicht - zum Leben und zum Sterben. Ein für allemal, für alle Tage, für die guten und für die schlechten Tage, für heute und für morgen.
Klar, es reicht nur, wenn wir eben einander nicht nur Brot und Saft gereicht haben, sondern uns dabei auch an Jesus erinnert haben und selbst von diesem Jesus leben, der das Brot des Lebens ist. Dann – und nur dann reicht es.
Sonst gehen wir hungrig und leer nach Hause, wenn uns der Gekreuzigte und Auferstandene nicht reicht. Aber, was könnte man uns dann noch reichen, wenn das Brot des Lebens uns nicht mehr reicht?
Dann können wir uns den Bauch in den Fastfood-Restaurants dieser Welt vollstopfen, die uns zwar nicht satt machen, aber zumindest für den Moment ein Völlegefühl bescheren.
Oder, wir gehen in die viel zu teuren Restaurants mit den vielen Sternen, wo der Teller immer viel zu groß für das bisschen Essen ist. Dort werden wir zwar auch nicht satt, aber wir hatten zumindest für einen Moment das Gefühl wirklich bedeutend zu sein.
Genau das, war die Situation der Galater: Sie hatten am Tisch des Herrn Platz genommen und gegessen und anfangs hat es ihnen geschmeckt und auch völlig gereicht. Bis sie kamen – diese Leute aus Jerusalem – und von diesem teuren Restaurant vorschwärmten und sie dorthin mitnahmen.
Galater 4, Verse 8 bis 11: Als ihr von Gott noch nichts wußtet, habt ihr zu Göttern gebetet und ihnen gedient, die in Wirklichkeit nichts anderes als von Menschen geschaffene Götzen sind. Nachdem ihr nun aber Gott kennt - genauer gesagt, nachdem Gott euch kennt -, wie ist es da möglich, daß ihr euch diesen armseligen und kümmerlichen Vorstellungen wieder zuwendet und sogar sklavisch danach lebt? Oder warum sonst legt ihr so großen Wert auf die Einhaltung bestimmter Tage, Monate, Feste und Jahre? Muß ich da nicht befürchten, daß meine ganze Arbeit bei euch sinnlos gewesen ist?
Für die Galater – wie für jeden, der am Tisch des Herrn Platz nimmt – gab es eine Zeit davor. Eine Zeit, wo man sich den Bauch in den Fastfood-Restaurants dieser Welt vollstopfte, ohne dabei wirklich satt zu werden.
Damals – bevor sie Christen wurden – dienten sie anderen Göttern, menschengemachten Götzen.
Damals glaubten sie an die schwarze Katze, ans Horoskop, blieben an einem Freitag, dem 13. garantiert zu Hause. Sie lebten im Aberglauben und sie lebten in der Angst.
Dann erkannten sie den lebendigen Gott. Richtiger gesagt: Der lebendige Gott erkannte sie. Sie nahmen Platz am Tisch des Herrn. Sie aßen und wurden satt.
Und jetzt – nachdem die gesetzestreuen Judenchristen aus Jerusalem da waren – verhalten sich die Galater wieder wie früher, bevor sie Christen wurden.
Damals dienten sie anderen Göttern. Jetzt dienen sie dem Gesetz.
Damals beachteten sie den Neumond oder Freitag, den 13.
Jetzt beachten sie den Sabbat und das man am Karfreitag kein Fleisch essen darf und am Sonntag nicht stricken.
Damals lebten sie im Aberglauben und in der Angst.
Jetzt leben sie in der Gesetzlichkeit und in derselben Angst.
Für Paulus liegt das auf einer Ebene. Gesetzlichkeit ist frommer Aberglaube, sagt er.
Hans Brandenburg schreibt in der Wuppertaler Studienbibel zu diesen Versen: Wenn statt der Hingabe des ganzen Lebens einzelne Tage treten, so ist Christus schon verleugnet. Es hat auch in der Christenheit immer wieder Kämpfe über Festkalender, Sonntagsheiligung und Feste gegeben. Wo aber der Sabbat und Sonntag, ein Festtag oder eine Festwoche nicht als Geschenk, sondern als Pflicht aufgefaßt wird, ist das Evangelium Jesu schon verdunkelt. Paulus konnte keine heiligen Tage, Stunden, Orte, Handlungen haben, - weil er keine unheiligen Tage, Orte, Handlungen in seinem Leben duldete.Hans Brandenburg, Der Brief des Paulus an die Galater, Seite 90
Auf einmal kommen uns die Galater näher, als uns lieb ist. Die radikale Aussage dieser Verse ist doch: Entweder ist unser ganzes Leben ein Gottesdienst, oder aber die gottesdienstlichen Teile unseres Lebens verkommen zum Götzendienst.
Ganz oder gar nicht, das ist das, was Paulus hier meint.
Das ist das, was Jesus der Frau am Brunnen in Johannes 4, Vers 23 auf die Frage antwortete, wo man Gott anzubeten hat:
Doch es kommt die Zeit, ja sie ist schon da, in der die Menschen Gott überall anbeten können; wichtig ist allein, daß sie von Gottes Geist und seiner Wahrheit erfüllt sind.Es gibt keine heiligen Orte und keine heiligen Handlungen.
Entweder ist unser ganzes Leben heilig und Gottesdienst, oder aber die heiligen und gottesdienstlichen Teile unseres Lebens verkommen zum Götzendienst. Das ist das große Missverständnis des 2000jahre alten Christentums. Das ist der Unterschied zwischen einem christlichen Glauben und einer christlichen Religion. Zugespitzt kann man sagen: Nicht eine christliche Religion (= Beachten von bestimmten "heiligen" Tagen, Orten, Personen oder Handlungen) bringt uns in den Himmel, sondern nur der Glaube an Christus!
Wer nur an bestimmten Orten oder zu bestimmten Zeiten oder durch ein bestimmtes Verhalten Jesus zur Verfügung steht, will letztlich über sein Leben selbst verfügen und steht damit Jesus nicht wirklich zur Verfügung.
Das ist das zweifache Problem der Gesetzlichkeit. Man will selbst bestimmen. Und es reicht nicht, was Jesus getan hat. Es kommt auch noch auf mich an.
Es ist für uns so schwer uns unverdient beschenken zu lassen, unseren Hunger wirklich und allein bei Jesus zu stillen, der doch das Brot des Lebens ist.
Galater 4, Verse 12 bis 15:
Liebe Brüder, ich bitte euch: Folgt meinem Beispiel, und erwartet nicht eure Rettung vom Gesetz des Mose. Als ich zum ersten Mal bei euch war, habe ich mich ja auch nach euch gerichtet und nicht erwartet, daß ihr nach dem Gesetz lebt. Ihr habt mich nie gekränkt und werdet mich doch auch jetzt nicht kränken! Ihr erinnert euch sicherlich daran, als ich das erste Mal bei euch war und euch das Evangelium verkündigte. Damals wurde ich krank und konnte nicht weiterreisen. Und obwohl meine Krankheit für euch nicht leicht zu ertragen war, habt ihr mich weder verachtet noch abgewiesen. Im Gegenteil, ihr habt mich wie einen Engel Gottes aufgenommen, ja wie Jesus Christus selbst. Wie glücklich und dankbar wart ihr doch damals! Und heute? Ich bin sicher, zu der Zeit hättet ihr sogar eure Augen für mich ausgerissen.Werbend lässt Paulus die Galater zurückblicken auf die Anfangszeit ihres Glaubens, als er bei ihnen war, als sie den Boten Christi wie Christus selbst behandelten. Sie hätten sich für ihn sogar die Augen ausgerissen.
Galater 4, Verse 16 bis 20:
Weshalb nur seht ihr jetzt einen Feind in mir? Etwa, weil ich euch die Wahrheit sage? Vielleicht liegt es an den Leuten, die euch im Moment so umwerben. Doch sie meinen es nicht ehrlich mit euch. Sie wollen nur erreichen, daß ihr euch von mir abwendet und ihnen folgt. Nun habe ich gar nichts dagegen, wenn ihr andere zum Vorbild nehmt, allerdings müssen es gute Vorbilder sein. Wie gern wäre ich euer Vorbild, auch wenn ich nicht bei euch bin. Euretwegen, meine lieben Kinder, leide ich noch einmal alle Schmerzen und Ängste, wie sie eine Mutter bei der Geburt ihres Kindes auszustehen hat. Wenn man doch endlich an euch erkennen könnte, daß Christus euer Herr ist und euer Leben bestimmt! Könnte ich doch nur bei euch sein und mit meinen Worten euer Herz erreichen! Denn ich weiß mir keinen Rat mehr mit euch.Tragisch klingen diese Verse. Ein ratloser Apostel. Die Galater sind nicht satt zu kriegen. Das Brot des Lebens reicht ihnen nicht. Sie wollen im teuren Fünfsterne-Restaurant essen, wo die Teller viel zu groß für das bisschen Essen sind. Sie meinen dadurch besser und bedeutender zu sein und werden doch nicht satt. Wenn das Brot des Lebens uns nicht reicht, wird nichts unseren Hunger stillen. Denn das Gesetz macht uns nicht satt.
"Das Gesetz macht müde Leute", sagte Fritz v. Bodelschwingh. Das Gesetz macht immer unzufrieden, schwermütig oder selbstsicher - und darum kalt, kritisch, unbrüderlich, anspruchsvoll. Man muß nur an den älteren Bruder im Gleichnis Jesu denken, um sich ein deutliches Bild von der Wirkung des Gesetzes zu machen, das den Menschen isoliert und verhindert, sich an den Gnadentaten Gottes zu freuen.Hans Brandenburg, Der Brief des Paulus an die Galater, Seite 92
Aber wir haben eben einander Brot und Saft gereicht, auch als Zeichen und Bekenntnis, das Jesus uns alleine reicht, zum Leben und zum Sterben, für Heute und für Morgen, für alle Tage und an allen Orten. Weil er uns reicht, können wir uns auch einander die Hand reichen, weil keiner von uns besser oder schlechter als der andere ist, weil wir alle miteinander Sünder sind und bleiben und allein von seiner Gnade leben und nicht von unseren Werken oder Taten. Wenn Jesus uns also wirklich reicht, brauchen wir auch keine Angst zu haben, keine Angst vor alten Tagen, vor den Tagen und den Taten ohne Jesus, vor den Sünden der Vergangenheit, den Jugendsünden, dem Essen in den Fastfood-Restaurants dieser Welt, wo wir uns oft den Magen verrenkten.
Denn genau dafür ist Jesus gestorben. Für unsere Schuld aus alten Tagen!
Wenn Jesus uns also wirklich reicht, brauchen wir auch keine Angst vor den neuen Tagen zu haben, weil Jesus alle Tage und an allen Orten bei uns ist, selbst wenn wir wieder versagen und erneut schuldig werden. Denn genau dafür ist Jesus gestorben. Auch für unsere Schuld aus neuen Tagen!
Wir brauchen diesen Heiland, lebenslang, alle Tage! Nur er kann unseren Hunger stillen. Nur das Brot des Lebens macht uns satt. Das teure Restaurant der Gesetzlichkeit hat viel zu große Teller für das bisschen Essen. Dort werden wir niemals satt!
Wenn Jesus uns also wirklich reicht, brauchen wir auch keine Angst vor einander zu haben, keine Angst, voreinander das Gesicht zu verlieren, weil wir alle miteinander und von Jesus und seiner Gerechtigkeit leben und deshalb getrost auf alles verzichten können, was uns über den anderen erhebt.
Wenn Jesus uns nur wirklich reicht!