Wisst Ihr was das schönste an einer Hochzeit ist? Neben der Braut? Das Essen natürlich!
Nun war ich also gestern auf einer Hochzeit und habe dort das tolle Essen genießen dürfen. Essen ist eine tolle Erfindung, ist Ausdruck von Gemeinschaft und Miteinander.
Das haben wir ja eben auch im Abendmahl miteinander erlebt. Das Abendmahl ist eben nicht nur Erinnerungsmahl an das, was Jesus für uns tat, sondern auch Gemeinschaftsmahl und Ausdruck dafür, dass wir als Christen zusammen gehören und deshalb ja auch von einem Brot essen und aus einem Kelch trinken. Deshalb ist es gut, wenn wir uns beim Abendmahl auch bewusst wahrnehmen und anschauen, einander gute Segensworte sagen. Man kann das Abendmahl nicht für sich alleine feiern, sondern immer nur zusammen mit seinen Mitchristen.
Gemeinsames Essen verbindet. Nicht nur – beim Abendmahl – sondern immer, wenn wir als Menschen und auch als Christen miteinander essen.
Manchmal essen wir zu viel, aber wir können niemals zu viel gemeinsam miteinander essen. Denn gemeinsames Essen verbindet!
Das musste ich erst lernen. Denn ich komme aus einer Familie, da war das gemeinsame Essen in der Regel nur dazu da, um möglichst schnell Nahrung in sich aufzunehmen. Ich wuchs mit dem Grundsatz auf: "Man ist, wie man isst! – So wie man isst, arbeitet man nämlich auch!" Davon waren meine Eltern geprägt, und davon wurde ich geprägt. Ich weiß noch, als Ille das erste mal bei uns zu Hause zum Essen war. Meine Mutter räumte bereits das Geschirr weg, als Ille gerade mal zur Hälfte fertig war. Das gemeinsames Essen neben der Nahrungsaufnahme auch dem Miteinander dient, musste ich erst lernen. Und wer mich kennt, weiß, dass ich an dieser Stelle immer noch am Üben bin. Als ich das erste Mal bei meinen zukünftigen Schwiegereltern war, war ich völlig erstaunt darüber, dass man solange miteinander essen kann. Gemeinsames Essen kann verbindend wirken, wenn es nicht nur der Nahrungsaufnahme dient, sondern auch dem Miteinander.
Aber Essen kann auch trennend wirken: Galater 2, ab Vers 11:
Als Petrus später in Antiochia war, stellte ich ihn öffentlich zur Rede, weil sein Verhalten unentschuldbar war. Zuerst nämlich nahm er zusammen mit den nichtjüdischen Brüdern und Schwestern an den gemeinsamen Mahlzeiten teil. Aber dann kamen Leute aus dem Kreis um Jakobus, die das jüdische Gesetz streng befolgen. Da zog sich Petrus von den gemeinsamen Mahlzeiten zurück und aß aus Furcht vor ihnen nicht mehr mit den Nichtjuden. Auch die anderen Juden in der Gemeinde blieben gegen ihre Überzeugung den gemeinsamen Mahlzeiten fern, so dass sogar Barnabas angesteckt wurde und genau wie sie seine Überzeugung verleugnete. Als ich sah, dass sie damit die Wahrheit der Guten Nachricht preisgaben, sagte ich zu Petrus vor der ganzen Gemeinde: »Obwohl du ein Jude bist, hast du bisher die Vorschriften des jüdischen Gesetzes nicht beachtet und hast wie ein Nichtjude gelebt. Warum zwingst du dann jetzt durch dein Verhalten die nichtjüdischen Brüder und Schwestern, so wie Juden nach den Vorschriften des Gesetzes zu leben?«Es stimmt, wir sind von Geburt Juden und nicht Sünder wie die Angehörigen der anderen Völker. Aber wir wissen, dass kein Mensch deshalb vor Gott als gerecht bestehen kann, weil er das Gesetz befolgt. Nur die finden bei Gott Anerkennung, die in vertrauendem Glauben annehmen, was Gott durch Jesus Christus für uns getan hat. Deshalb haben auch wir unser Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt, um durch das Vertrauen auf ihn bei Gott Anerkennung zu finden und nicht durch Erfüllung des Gesetzes; denn mit Taten, wie sie das Gesetz verlangt, kann kein Mensch vor Gott als gerecht bestehen.
Auch wir als Juden suchen also durch Christus vor Gott als gerecht zu bestehen, und damit geben wir zu, dass wir genauso Sünder sind wie die Menschen der anderen Völker. Soll das heißen, dass es nicht mehr auf gut und böse ankommt und demnach Christus der Sünde Vorschub leistet? Auf keinen Fall! Vielmehr mache ich mich selbst zum Sünder, nämlich zum Übertreter des Gesetzes, wenn ich durch mein Verhalten das Gesetz zuerst für ungültig erkläre und dann doch wieder in Geltung setze.
In Wirklichkeit hat das Gesetz von mir nichts mehr zu fordern: Ich bin tot für das Gesetz, das Gesetz selbst hat mich dahin gebracht, und jetzt lebe ich für Gott. Ich bin mit Christus am Kreuz gestorben. Darum lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Das Leben, das ich jetzt noch in diesem vergänglichen Körper lebe, lebe ich im Vertrauen auf den Sohn Gottes, der mir seine Liebe erwiesen und sein Leben für mich gegeben hat.
Ich weise die Gnade Gottes nicht zurück. Wenn wir vor Gott damit bestehen könnten, dass wir das Gesetz erfüllen, dann wäre ja Christus vergeblich gestorben!
Zur Zeit des Neuen Testaments war gemeinsames Essen tiefster Ausdruck von Gemeinschaft. Man erklärte sich mit den Menschen solidarisch, mit denen man zusammen aß. Deshalb wurde Jesus von den Pharisäern so scharf kritisiert, als er z.B. beim Zöllner Zachäus zum Mittagessen auftauchte. Die Tischgemeinschaft wird in der ganzen Bibel - wie auch heute noch im Orient - hochgehalten. Es bedeutete also die Anerkennung voller Bruderschaft, wenn Petrus mit den Heidenchristen zu Tisch saß und aß.
Deshalb wird Petrus hier auch von Paulus so scharf kritisiert, weil er zuerst mit den Nichtjuden gemeinsam isst, und sich dadurch ja mit ihnen solidarisch erklärt und anschließend als die gesetzestreuen Juden aus Jerusalem auftauchen, wird er bei den gemeinsamen Mahlzeiten nicht mehr gesehen.
Das ist deshalb so tragisch, weil Petrus zum einen mit seinem Verhalten andere ansteckt und sogar Barnabas – ein Mitarbeiter des Paulus - anfängt gegen seine Überzeugung zu handeln und zum anderen den Heidenchristen mit der Aufkündigung der Tischgemeinschaft deutlich gemacht wird: "Ihr seid noch keine vollwertigen Christen! Euch fehlt noch was!"
Deshalb reagiert Paulus so scharf auf das Verhalten des Petrus und stellt ihn öffentlich zur Rede, obwohl er auch das Wort Jesu aus Matthäus 18, Vers 15 kennt: "Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht." Aber hier geht es nicht nur um die Heuchelei von Petrus und den anderen, hier geht es um den Kurs der jungen heidenchristlichen Gemeinde in Galatien. Es geht um das Evangelium. Es geht um die Frage Luthers: "Wie kann ein Mensch vor Gott bestehen?" Reicht Jesus und sein Sterben am Kreuz oder müssen noch zusätzlich bestimmte Dinge tun oder sein lassen, um vor Gott angenehm zu sein?
Es geht nicht nur um das Essen. Denn einem Juden waren nur bestimmte Speisen erlaubt, das Essen musste koscher sein. Außerdem verunreinigte sich ein Jude durch die Tischgemeinschaft mit den Heiden, weil er sich ja so mit ihnen solidarisch erklärte.
Petrus wusste das der Glaube nicht mehr am äußeren Einhalten des Gesetzes hängt. (
Apostelgeschichte 11, 1 bis 17: Die Apostel und die Brüder in Judäa hörten, daß auch die Nichtjuden die Botschaft Gottes angenommen hatten. Als nun Petrus nach Jerusalem zurückkehrte, machten sie ihm Vorwürfe: »Du bist zu Leuten gegangen, die nicht zu unserem Volk gehören! Du hast sogar mit ihnen gegessen!«Da erzählte ihnen Petrus ausführlich, was geschehen war: »Als ich eines Tages in Joppe betete, hatte ich eine Vision. Ich sah etwas vom Himmel herabkommen, das sah aus wie ein großes Tuch, das an den vier Ecken gehalten wird. Es kam bis zu mir herunter. Als ich genau hinschaute, sah ich darin alle Arten von vierfüßigen und wilden Tieren, von Kriechtieren und Vögeln. Dann hörte ich auch eine Stimme, die sagte: 'Auf, Petrus, schlachte und iß!' Aber ich sagte: 'Auf gar keinen Fall, Herr! Ich habe noch nie in meinem Leben etwas Verbotenes oder Unreines gegessen.' Doch die Stimme von oben forderte mich ein zweites Mal auf und sagte: 'Was Gott für rein erklärt, das erkläre du nicht für unrein!' Und noch ein drittes Mal erging an mich dieselbe Aufforderung. Danach wurde alles wieder in den Himmel hinaufgezogen. In diesem Augenblick kamen drei Männer vor dem Haus an, in dem wir waren, Boten, die man aus Cäsarea zu mir geschickt hatte. Der Geist Gottes befahl mir, ihnen ohne Widerrede zu folgen. So ging ich mit. Die sechs Brüder, die ich hierher mitgebracht habe, begleiteten mich. Wir kamen nach Cäsarea und betraten das Haus des Mannes, der nach mir geschickt hatte. Er erzählte uns, er habe den Engel in seinem Haus stehen gesehen, der ihm sagte: 'Schick jemand nach Joppe und laß Simon zu dir bitten, den mit dem Beinamen Petrus! Was er dir zu sagen hat, wird dir die Rettung bringen, dir und deiner ganzen Hausgemeinschaft.' Ich hatte aber noch kaum begonnen, zu ihnen zu sprechen, da kam der Heilige Geist auf sie herab, genauso wie damals am Anfang auf uns. Mir fiel sofort das Wort ein, das der Herr gesagt hatte: 'Johannes hat mit Wasser getauft, aber ihr werdet mit dem Geist Gottes getauft werden.' Da war mir klar: Gott hatte ihnen das gleiche Geschenk gegeben wie damals uns, als wir zum Glauben an Jesus Christus, den Herrn, gekommen waren. Wie hätte ich mich da Gott in den Weg stellen können?«
) Deshalb aß er ja auch zuerst zusammen mit den Heidenchristen – bis die frömmsten der Frommen auftauchten und er es mit der Angst zu tun bekam und er wieder einmal – wie damals als der Hahn krähte - den Weg des geringsten Widerstands wählte. Angst ist kein guter Berater und Angst lässt keine geistliche Frucht entstehen.Gerade an diesem historischen Reformationstag wo die beiden großen Kirchen in Augsburg ihre Einigung in der Rechtfertigungslehre unterschreiben, scheinen diese Verse aus dem Galaterbrief 2 voller Zündstoff zu stecken. Denn nach katholischer Lehre ist der Papst unfehlbar. Doch ihr erster Vertreter – Petrus – erweist sich gerade hier als das ganze Gegenteil.
Mir macht das Mut. Denn Gott baut sein Reich durch solche Versager wie Petrus, durch Menschen die sündigen und die lebenslang auf die Gnade Gottes angewiesen bleiben. Das jedes Jahr in der Passionszeit an die Verleugnung des Petrus und den Hahnenschrei erinnert wird, daran haben wir uns gewöhnt. Aber das Petrus nach Pfingsten und als geisterfüllter Apostel Jesu Christi, unterwegs in seinem Namen und in seinem Auftrag nochmals so gravierend danebentritt, mag uns neu sein, aber ist letztlich unendlich befreiend.
Gott baut sein Reich mit Versagern. Wir müssen nicht so tun als ob. Wir dürfen zu unseren Fehlern und Schwächen stehen. Wenn in der Bibel – und wie gesagt nach Pfingsten – schon das Fehlverhalten des großen Gottesmannes Petrus ausdrücklich erwähnt wird, wer sind wir, dass wir so tun als ob wir schon vollkommen sind?
Wir haben eben am Abendmahl nicht deshalb teilgenommen, weil wir alle so in Ordnung sind, sondern weil Gott durch Christus unser Leben in Ordnung gebracht hat! Ist das nicht befreiend? Wir müssen nicht mehr so tun als ob. Wir dürfen so sein, wie wir sind. So dürfen wir zu Gott kommen und so dürfen wir uns begegnen, als Menschen, die von Christus leben. Wir dürfen so sein, wie wir sind. Aber wir müssen nicht so bleiben, wie wir waren.
Heuchelei ist die Sünde der Frommen, sagte mal jemand. So tun als ob. Seine Rolle spielen. Den anderen etwas vorspielen. In der Regel geschieht das – wie hier bei Petrus – aus Angst. Man will nicht das Gesicht verlieren. Was sollen denn die anderen denken, wenn man tatsächlich das sagt, was man meint? Wenn man ehrlich wird? Wenn man von seinen Kämpfen und Anfechtungen berichtet und davon, dass man manchmal z.B. den Knopf zum Ausschalten beim Fernsehen nicht findet. Was sollen denn dann die anderen von einem denken?
Heuchelei ist Sünde. Petrus übertritt hier das 8. Gebot "Du sollst nicht lügen!"
Als Hananias und seine Frau Saphira - genauso wie Petrus später - am Anfang der Gemeinde Jesu heucheln, tritt ihnen Petrus entgegen und sagt: "Niemand hat dich gezwungen, das Land zu verkaufen. Es war dein Eigentum. Sogar das Geld hättest du behalten können. Wie konntest du nur so etwas tun! Du hast nicht Menschen betrogen, sondern Gott selbst." Apostelgeschichte 5, Verse 1 bis 11 berichtet uns davon, dass beide anschließend tot zusammenbrechen.
Der Himmel wird von begnadigten Sündern bevölkert und nicht von selbstgerechten Schauspielern. Das ist die Botschaft des Evangeliums. Das ist die Botschaft des Reformationstages. Wir müssen nicht mehr so tun, als ob.
Das damit kein Freibrief zum Drauflossündigen von Paulus ausgestellt wird, macht der 20 Vers deutlich, wenn er schreibt:
Jetzt habe ich ein neues Leben! Es wird nicht mehr von meinem alten Ich bestimmt, sondern von dem auferstandenen Christus, der in mir lebt. Mein Leben auf dieser Erde erhält seinen Sinn durch den Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich in seiner Liebe für mich geopfert hat.Darum ging es Luther. Und das meint Paulus hier: Das wir uns nicht mehr durch das Einhalten der 10 Gebote einen gnädigen Gott verdienen müssen, sondern durch Jesus begnadigt sind, um nach den Geboten leben zu können.
Das haben wir eben im Abendmahl zu schmecken bekommen: Das allein seine Gnade genügt!