Was ist: Die Gemeinde in Philadelphia

Gestern sollte ein ganz wichtiges Seminar in diesen Räumen stattfinden: „Wie funktioniert die Anlage unserer Gemeinde?“

Ich weiß nicht, ob Sie dabei gewesen wären? Aber wenn, dann hätten Sie neben vielem anderen Wissenswerten rund um die Technik unserer Gemeinde vor allen Dingen eins erfahren: Das A und O, um unsere Anlage – mit der Sie mich jetzt ja hören – bedienen zu können, ist zuerst einmal ein Schlüssel. Nicht irgendein Schlüssel, sondern der richtige, der passende Schlüssel, um die Anlage mit Strom zu versorgen. Ohne diesen Schlüssel funktioniert überhaupt nichts!

Und ich weiß noch sehr genau, wie ich bei einer Veranstaltung die Anlage bedienen wollte, wie „ein Ochs vorm Berg“ vor diesem Mischpult stand, und mir der Schlüssel fehlte und deshalb auch kein Ton aus unserer Anlage kam.

Nicht nur für unsere Anlage ist der richtige Schlüssel entscheidend. Mit den passenden Schlüsseln gelangen wir in unsere Wohnungen, können Autos öffnen und mit digitalen Schlüsseln – Passwörtern genannt – Computer steuern und Bankgeschäfte abwickeln.

Offenbarung 3, Verse 7 bis 13 (nach Walter Jens):

Schreib an die Gemeinde in Philadelphia,

schreib ihrem Engel:

Es spricht zu Euch der Heilige und der Wahrhaftige,

der Davids Schlüssel hat,

der aufsperrt, und niemand schließt zu,

der verriegelt, und niemand kann öffnen.

Ich kenne Dein Leben und Tun

und sage Dir, und das ist wahr:

Die Tür steht offen,

hier, vor Dir,

und niemand kann sie versperren.

So klein sie auch ist,

Deine Kraft:

Festgehalten hast Du

trotz Deiner Schwäche

an meinen Geboten

und hast meinen Namen niemals verleugnet.

Ich sage Dir, und das ist wahr:

Juden aus der Schule des Teufels -

nein, nicht Juden:

Schein- und Lügen-Hebräer

sollen niederfallen,

zu Deinen Füßen,

und sollen erkennen,

dass ich Dich liebe.

Mein Gebot Harre aus!

hast Du befolgt:

Deshalb harre auch ich bei Dir aus

und bleibe bei Dir, in der Stunde der Prüfung,

die über alle Welt und jeden Menschen

kommen wird.

Bald bin ich da: Darum halt fest, was Du hast,

damit Dir niemand den Kranz nimmt

von Deinem Haupt.

Wer die Bösen besiegt

und die Versuchungen bestanden hat,

der wird eine Säule sein

im Haus des Vaters,

ein Pfeiler in seiner Kirche,

die der Getreue

niemals zu verlassen braucht.

Schreiben will ich auf ihn

den Namen meines Gottes

und den Namen der Stadt meines Gottes,

den Namen des Neuen Jerusalem,

das vom Himmel auf die Erde kommt,

und meinen eigenen Namen

werde ich auch auf ihn schreiben:

den Neuen Namen.

Wer Ohren hat höre,

was der Geist seinen Gemeinden sagt.

Walter Jens, Das A und das O, Radius-Verlag, Seite 19 - 20




Philadelphia = Die auf die Zusage Gottes vertrauende und auf ihren Herrn wartende Gemeinde




1. Empfänger

Offenbarung 3, Vers 7a (Einheitsübersetzung): An Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe:

Es ist eines der Formgesetze der Apokalypse, dass sich alle Eindrücke und Erkenntnisse steigern, je näher sie dem Ende kommen. Das gilt für jede Siebenerreihe, auch für die Sendschreiben an die sieben Gemeinden. Das höchste Lob und der schärfste Tadel stehen am Schluss.

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 106

Philadelphia liegt 120 km östlich von Smyrna, zwischen dem Nordfuß des Tmolusgebirges und dem Südufer des Kogamus, am Weg von Sardes nach Kolossä. Ihren Namen „Bruderliebe“ hat die Stadt von ihrem Gründer, dem König von Pergamon, Attalus II. Philadelphos von Pergamos (159-138 v.Chr.).

Philadelphia war bekannt für seinen guten Wein, und noch heute wachsen in dieser Gegend die besten Trauben der Türkei.

Die Kirche des Hl. Johannes ist dort das letzte Zeugnis der frühen Christenheit. Sie war ein rechteckiges Gebäude mit sechs mächtigen Stützpfeilern aus wiederverwendetem Steinmaterial und einer Ziegelkonstruktion im oberen Bereich. Drei der überaus wuchtigen Pfeiler sind noch vorhanden, ein weiterer steckt zur Hälfte in der Erde. Einzelne Relikte aus Stein mit figürlichen und ornamentalen Motiven sind noch zu besichtigen.

G.Hofmann, aus Die Auslese Nr II – Jahrgang 2002, Seite 6

Philadelphia ist offensichtlich die jüngste der sieben Sendschreiben-Städte. Zur Zeit der Abfassung der Sendschreiben war sie höchstens 250 Jahre alt. Sie hatte sich in dieser Zeit zu einer wohlhabenden, blühenden Niederlassung entwickelt, wenngleich sie von geringerer Bedeutung war als die anderen Städte der Umgebung. Die Entwicklung der Stadt kam durch relativ häufige Erdbeben immer wieder ins Stocken, so dass die Stadt auf staatliche Hilfe angewiesen blieb.

Unrühmlich für die Stadt war das Jahr 155 nach Christus. Elf Christen der Gemeinde Philadelphia starben in diesem Jahr den Märtyrertod.

http://www.jugendarbeit-ost.de/html/material/tr2000/5_philadelphia-druck.htm

Heute heißt die Stadt „Alasehir“, was übersetzt so viel wie „bunte Stadt“ bedeutet. Die Kreisstadt der heutigen Provinz Manisa in Anatolien (Türkei) liegt 190 Meter über dem Meeresspiegel und hat ca. 26.000 Einwohner.

Philadelphia war unter den sieben Städten wahrscheinlich die jüngste und im gewissen Sinne auch die unbedeutendste.

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 107



2. Absender

Offenbarung 3, Vers 7b (Einheitsübersetzung): So spricht der Heilige, der Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat, der öffnet, so daß niemand mehr schließen kann, der schließt, so daß niemand mehr öffnen kann:

Der Absender stellt sich der Gemeinde mit Kapitel 1, Vers 18: Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit, und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt vor. Dort geht es um den Schlüssel zum Totenreich. Hier geht es um den Schlüssel Davids, also eher um Jesaja 22, Verse 20 bis 22: An jenem Tag werde ich meinen Knecht Eljakim, den Sohn Hilkijas, berufen. Ich bekleide ihn mit deinem Gewand und lege ihm deine Schärpe um. Ich übergebe ihm dein Amt, und er wird für die Einwohner Jerusalems und für das Haus Juda ein Vater sein. Ich lege ihm den Schlüssel des Hauses David auf die Schulter. Wenn er öffnet, kann niemand schließen; wenn er schließt, kann niemand öffnen.

Das Judentum hat diese Stelle immer auf den Messias hin gedeutet.

Christus besitzt die Schlüssel zu allen Räumen, nach Offenbarung 1, Vers 18 zum Totenreich, nach Offenbarung 3, Vers 7 zum Heilsreich. Ihm ist gegeben alle Vollmacht im Himmel und auf Erden (Matthäus 28, Vers 18).

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 144

Kein Mensch, kein Papst, keine Heiligen und kein „Stammapostel“ und auch nicht unsere Seligsprechung am Grabe, nicht das „christliche Lebensbild“, das über einen verfasst wird, und nicht der Ruf, ein „Gottesmann“ zu sein, tun auf, sondern allein der Herr.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 111 - 112

Jesus stellt sich nicht nur als der „Schlüsselverwalter“ vor, sondern auch als der Heilige und als der Wahrhaftige, als der zu Gott gehörende und als der absolut Zuverlässige. Dieses sechste Sendschreiben ist ganz tief im Buch Jesaja verwurzelt. Unsere sieben Verse atmen geradezu die Trostbotschaft des Jesajabuches.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 145



3. Bestandsaufnahme

Offenbarung 3, Verse 8 bis 10 (Einheitsübersetzung): Ich kenne deine Werke, und ich habe vor dir eine Tür geöffnet, die niemand mehr schließen kann. Du hast nur geringe Kraft, und dennoch hast du an meinem Wort festgehalten und meinen Namen nicht verleugnet.

Leute aus der Synagoge des Satans, die sich als Juden ausgeben, es aber nicht sind, sondern Lügner - ich werde bewirken, daß sie kommen und sich dir zu Füßen werfen und erkennen, daß ich dir meine Liebe zugewandt habe.

Du hast dich an mein Gebot gehalten, standhaft zu bleiben; daher werde auch ich zu dir halten und dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über die ganze Erde kommen soll, um die Bewohner der Erde auf die Probe zu stellen.

Jesus lobt in diesem Sendschreiben ausschließlich, er lobt und lohnt.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 112

Wie bei den anderen Sendschreiben folgt nach der zu der jeweiligen Gemeindesituation passenden Selbstvorstellung Jesu, die Bestandsaufnahme durch den Herrn der Gemeinde.

Ich weiß, sagt Jesus!

Ich kenne deine Werke:

- Deine geringe Kraft

- Dein Festhalten an meinem Wort

- Dein Bekenntnis zu mir als Deinem Herrn

- Dein Durch- und Aushalten

- Und wie andere falsch über Dich reden, Dich schlecht und klein machen

Ich weiß, sagt Jesus!

Vieles verbindet Philadelphia mit Smyrna. Beide Gemeinden empfangen keine Anklage, sondern werden gelobt und getröstet. Beide leiden unter der "Synagoge des Satans" (2, Vers 9 und 3, Vers 9). Zu beiden wird vom Siegerkranz gesprochen (2, Vers 10 und 3, Vers 11). Und doch unterscheiden sie sich.

Für Philadelphia kommt keine Verfolgung durch die heidnischen Behörden hinzu. Die Gemeinde hat es allein mit Juden zu tun. Wenige Jahre später sendet Ignatius einen Brief nach Philadelphia, der die Gemeinde ganz ähnlich beurteilt: Sie steht lobenswert da, ist aber in schwere Auseinandersetzung mit der Judenschaft verwickelt.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 145

In einzigartiger Art und Weise ist die Bestandsaufnahme der Gemeinde mit Zusagen und Verheißungen verbunden:

- Auf die „Werke der Gemeinde“ folgt die offene Missionstür durch den Herrn der Gemeinde

- Auf die „geringe Kraft und die Treue der Gemeinde“ folgt die offene Tür zu den Feinden aus dem Judentum und die Liebeserklärung durch den Herrn der Gemeinde.

- Auf das „Bekenntnis und Durchhalten der Gemeinde“ folgt das Bekenntnis des Herrn zur Gemeinde und die Zusage der Bewahrung in der Versuchung.

Im Grund ist es wenig, was an zu Lobendem in diesem Sendschreiben genannt wird; aber offenkundig ist es das vor dem Herrn Entscheidende.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 120

Was wird konkret gelobt:

- Die geringe Kraft

- die Treue zum Wort und zum Herrn der Gemeinde trotz der massiven Anfeindungen aus der einflussreichen jüdischen Oberschicht.

Du hast eine kleine Kraft. Fürchte dich nicht, du armer Wurm Jakob, du Würmlein Israel!, heißt es auch Jesaja 41, Vers 14 an einer Stelle, die den Juden sicher bekannt war, die ihnen aber neu gesagt werden mußte. Von dieser Stelle her zieht sich der Gedanke von der kleinen Gemeinde durch das NT. Da ist die Rede von der „kleinen Herde“ (Lukas 12, Vers 32), den „kleinsten unter allem Samen“ (Matthäus 13, Vers 32), dem „Glauben wie ein Senfkorn“ (Matthäus 17, Vers 20); und bei Matthäus finden sich die Jüngerbezeichnungen der „Kleinen“ oder „Geringen“. Diese Feststellungen sind, wie in Jesaja 41, Vers 14 und wie hier, immer wieder mit einer besonderen Schutzzusicherung verbunden.

War die Gemeinde in Philadelphia klein an Zahl oder nur finanzschwach? Oder soll an die geringe Bildung und an die Herkunft aus den untersten Schichten erinnert werden (1 Korinther 1, Vers 26)? Das mag alles sein, aber der Ton liegt auf den geringen Wirkungsmöglichkeiten: Du bist einflusslos!

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 146

Und dieser geringen Kraft der Gemeinde wird die Allmacht ihres Herrn zugesagt!

Wahrscheinlich liegt hier der „Schlüssel“ zur geistlichen Gesundheit einer Gemeinde. Im Gegensatz zu Laodizea, die von sich selbst sagt, Offenbarung 3, Vers 17: Ich bin reich und wohlhabend, und nichts fehlt mir gilt für Philadelphia: Du hast nur geringe Kraft.

Was uns im Wege steht ist also nicht unsere Schwachheit, sondern unsere Kraft. Einem Paulus wird gesagt, 2. Korinther 12, Vers 9: Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.

Die kleine Kraft bekommt eine offene Tür. Gottes Allmacht will uns helfen, schreibt Ernst Moderson, aber sie kann nur einen Bund eingehen mit unserer Ohnmacht. Sie geht nie einen Bund ein mit unserer Kraft. Niemals!

Darauf arbeitet Gott noch immer hin, bei jedem Kinde Gottes, dass er unser Selbstbewusstsein und unser Selbstvertrauen zertrümmert und zerbricht, damit wir in unserer Ohnmacht uns an den Herrn klammern wie Jakob: „Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn!“

Ernst Moderson, Die Treuen der letzten Zeit, Bad Liebenzell 1980, Seite 35 und 34

Die Christen in Philadelphia waren vor Gott zerbrochene Leute. Sie hatten nur eine kleine Kraft. Sie hatten keinen gesellschaftlichen Einfluss. Sie waren nicht finanzstark. Sie lebten von der Hand in den Mund. Ihnen wurde von den einflussreichen Juden massiv zugesetzt. Sie waren erbärmlich und genau deshalb blieben sie auf das Erbarmen ihres Herrn angewiesen. Sie konnten nichts anderes tun als warten und abwarten, was Gott tut. Dieses Warten muss immer im Kampf liegen einerseits gegen die Versuchung, fordernd an Gottes Tür zu rütteln, und andererseits auch dagegen, verzagt oder trotzig wieder von Gottes Tür wegzulaufen. Dieses „Harren auf Gott“ (von dem die Psalmen oft sagen) – in tiefer Demut vor Gott und in hohem Vertrauen auf Gott – zu lernen, ist eine der wichtigsten Lektionen der Schule unseres Christseins in dieser Welt.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 113

Das sich die Christen in Philadelphia dabei aber nicht von der Welt und der Gesellschaft zurückgezogen hatten, macht die Feindschaft der mächtigen Juden deutlich. Wer es mit dem Worte Jesu ernst nimmt, „dem kommt die Welt auf den Hals“ (Bengel).

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 110

Bei der Erklärung, dass es sich bei den Juden lediglich um Scheinjuden und in Wahrheit um eine Synagoge des Satans handelt, ist – wie bei Smyrna - wichtig, dass wir diese Aussage nicht verallgemeinern, sondern sie in ihrem begrenzten historischen Zusammenhang sehen. Nirgendwo im Neuen Testament wird die Bezeichnung „Jude“ als Schimpfwort gebraucht. Jesus redet hier nicht über die Juden im allgemeinen, sondern über die Juden im besonderen, eben über die Juden von damals in Philadelphia.

Zum zweiten macht der Hinweis auf die Synagoge des Satans deutlich, wer der eigentliche Drahtzieher hinter der jüdischen Wirtschaftsmacht im damaligen Philadelphia war: Der Teufel und nicht die Menschen!

Ausgerechnet zu etlichen dieser erbitterten Gegner wird „eine offene Tür gegeben“. Sie werden die Synagoge verlassen und zu der Gemeinde der Christen „kommen und bekennen“: „Ja, bei euch ist das wahre Israel (Römer 2, Verse 28 bis 29). Sie werden „niederfallen“, nicht vor diesen Christen, aber vor dem Herrn in ihrer Mitte, mit der Erkenntnis und dem Bekenntnis: „Bei euch ist der Herr“.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 115

Die Feinde werden erkennen und bekennen müssen, dass die Christen von Gott geliebt sind und das ihnen Jesaja 43, Vers 10 gilt: Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder und für dein Leben ganze Völker.

Dreimal erscheint in der „Bestandsaufnahme“ (Verse 8 bis 10) das unscheinbare Wort „siehe“.

Offenbarung 3, Vers 8: Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand schließen kann.

Offenbarung 3, Vers 9: Siehe, ich gebe Leute aus der Synagoge des Satans, von denen, die sich Juden nennen und es nicht sind, sondern lügen.

Offenbarung 3, Vers 9: Siehe, ich werde sie dahin bringen, dass sie kommen und sich niederwerfen vor deinen Füßen und erkennen, dass ich dich geliebt habe.

Jesus fordert seine Gemeinde auf, die Blickrichtung zu ändern: Sieh mich an! Schau auf mich und nicht auf Deine Grenzen oder Deine Feinde.

Die Gemeinde wird nicht dazu aufgerufen etwas zu tun. Sie soll lediglich die Blickrichtung ändern und auf Ihren Herrn warten, der handeln wird.

Neben der „kleinen Kraft“ wird die Treue der Christen in Philadelphia zum Wort Gottes und zum Bekenntnis zu Jesus Christus als den einzigen Weg zu Gott herausgestellt.

Wie wir mit Gottes Wort umgehen, so geht auch Gott mit uns um.

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 111

Gerade für die letzte Zeit – die Stunde der Versuchung – wird unsere Treue zu Jesus entscheidend sein. So wie wir uns zu ihm und seinem Wort öffentlich bekennen, wird er sich zu uns bekennen und uns mitten in einer gerichtsreifen und zerbrechenden Welt bewahren. Er wird uns nicht vor der Versuchung und dem Leiden bewahren. Er wird sich zu uns bekennen und so in der Versuchung und dem Leiden bewahren.

Es muss herauskommen, was im Menschen ist, in den Glaubenden und in den Nichtglaubenden.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 116



4. Folgerung

Offenbarung 3, Vers 11 (Einheitsübersetzung): Ich komme bald. Halte fest, was du hast, damit kein anderer deinen Kranz bekommt.

„Die gesamte Zeit eures bisherigen Glaubenslebens wird euch nichts nützen, wenn ihr nicht in der letzten Stunde als vollkommen erwiesen werdet“, sagt eine der ältesten urchristlichen Schriften (Zwölfapostellehre 16, 2; Seite 37 und 79).

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 111

Dem sich wegen seiner künftigen Treue Sorgenden und zu Jesus Hilfe suchend Aufblickenden wird gesagt: „Niemand wird euch aus meiner Hand reißen“ (Johannes 10, Vers 28). ... Dem selbstsicher in den Spiegel Schauenden dagegen wird gesagt: „Wer also zu stehen meint, der gebe acht, daß er nicht fällt.“ (1. Korinther 10, Vers 12).

Halten, was wir haben, heißt, sich an Jesus halten, an sein Wort und seine Verheißung, und in seiner Nachfolge bleiben.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 118

Im ehemaligen Philadelphia, dem heutigen Alasehir ist keine christliche Gemeinde mehr zu finden. Menschliche Erwartungen werden leider enttäuscht, wenn man hier keine Nachfolgegemeinde findet.

G.Hofmann, aus Die Auslese Nr II – Jahrgang 2002, Seite 6

Aber die Gemeinde des antiken Philadelphia hat seine Fortsetzung in vielen Gemeinschaften und Gemeinden der Kirchengeschichte bis in unsere Zeit hinein gefunden.

1890 konstituierte sich das „Deutsche Komitee für evangelische Gemeinschaftspflege und Evangelisation“, das sich „Philadelphia-Komitee“ nannte und in den Anfangsjahren der Gemeinschafts-bewegung das planende, vorwärtstreibende und regulierende Organ dieser Arbeit war. Ende 1900 wurde das Komitee in den rechtsfähigen „Deutschen Philadelphia-Verein“ umgewandelt; 17 Berufsarbeiter waren angestellt, das Philadelphia-Blatt erschien in 8.000 Exemplaren.

Die Freie evangelische Gemeinde Norddeutschland mit ihrem Diakoniewerk Elim stammt übrigens aus der Christlichen Gemeinschaft Philadelphia, die im Holstenwall in Hamburg beheimatet war.

Auch heute noch findet man überall Gemeinden, die sich den Namen „Philadelphia“ geben.

Und in den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es eine 2 Millionen-Stadt, die ihren Namen dem antiken Philadelphia verdankt. 1683 wurde Philadelphia durch William Penn, einen englischen Quäker, gegründet. Penns Ideal der religiösen Toleranz und Akzeptanz sollte in der neuen Stadt eine Heimat finden. Nach Penns Plänen wurde die Stadt schachbrettförmig angelegt, mit dem Rathaus im Zentrum. Die Stadt wurde zur Hauptstadt des nach Penn benannten Pennsylvanias.

Philadelphia war Schauplatz vieler wichtiger Ereignisse bei der Entstehung der Vereinigten Staaten. Hier wurde 1776 die Unabhängigkeitserklärung verlesen und 1787 die Verfassung proklamiert. Diese wichtige Rolle im Unabhängigkeitskrieg hat Philadelphia nicht zuletzt dem Wirken Benjamin Franklins (1706 – 1790) zu verdanken, der in der Christ Church in Philadelphia auch begraben liegt.

Somit hat die Gemeinde Philadelphia zwar nicht im heutigen Alasehir überlebt, aber in vielen Gemeinschaften und Gemeinden rund um den Globus und bis hinein in die Gründung einer Millionenstadt.

Mir ist nicht bekannt, dass eine andere Gemeinde der Offenbarung so eine Verbreitung ihres Namens erlebt hat. Ich kenne zumindest keine Gemeinde, die sich Laodicea-Gemeinde nennt, oder nach Sardes oder nach Pergamon.



5. Aufruf

Offenbarung 3, Verse 12 bis 13 (Einheitsübersetzung): Wer siegt, den werde ich zu einer Säule im Tempel meines Gottes machen, und er wird immer darin bleiben. Und ich werde auf ihn den Namen meines Gottes schreiben und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herabkommt von meinem Gott, und ich werde auf ihn auch meinen neuen Namen schreiben.

Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.

Wie es hier schon „Säulen“ der Gemeinde gibt (Galater 2, Vers 9: Die maßgebenden Leute, die als »die Säulen« gelten, Jakobus, Petrus und Johannes, erkannten, daß Gott mir diesen Auftrag anvertraut hat.), so gibt es auch dort „Säulen“, die entscheidende Aufgaben haben und am Ganzen „mittragen“. ... Die ewige Seligkeit ist ja nicht ein unendlich langer „Feierabend“ und „Ruhestand“, sondern der Herr gibt in einer Neuverteilung der Dienste neue, große, erfüllende, seligmachende Aufgaben.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 119

Vielleicht liegt bei den Säulen auch eine zeitgeschichtliche Anspielung vor. Die Oberpriester im Kaiserkult durften sich nach ihrer Amtszeit eine Gedenksäule im Tempel errichten lassen.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 149

So unscheinbar die Christen in dieser Welt waren, in der neuen Welt Gottes werden sie für immer als tragende Säulen im Haus Gottes erscheinen, dreifach beschrieben:

- mit dem Namen Gottes

- mit dem Namen des neuen Jerusalem

- mit dem neuen Namen Jesu

In dieser Botschaft geht es wie im Trostbuch des Jesaja um Vergewisserung des Heilsstandes: Du bist mein! Das sagt der Geist nun gerade einer Gemeinde, der es die maßgeblichen Juden absprechen. Und: Alles was mein ist, ist dein: Die ganze Namensfülle Gottes! Wer Kind ist, ist auch Erbe.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 150

Das Schreiben an Philadelphia bestätigt eine Erkenntnis, die für das gesamte Verständnis der Apokalypse wesentlich ist. Die Kreuzestheologie darf nicht vereinseitigt werden, sondern bedarf der beständigen Ergänzung durch die Erwartung von der Wiederkunft des Herrn. Der Weg der Gemeinde durch Kreuz und Schwachheit, Erniedrigung und Verfolgung ist nicht das letzte. Ihr Ziel wird erst erfüllt, wenn Gott auch in seiner Herrlichkeit zum Ziel gekommen ist. Darin liegt der gewaltige, die Zeiten überdauernde Trost dieses schönsten unter den sieben Sendschreiben.

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 112



Krefeld, den 6. April 2003
Pastor Siegfried Ochs



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