Was ist: Die Gemeinde in Pergamon

Wie wird wohl das Wort des Jahres 2003 lauten? Immer am Ende eines Jahres setzt sich eine Jury zusammen, um das meistgebrauchte und damit auch das „Wort des öffentlichen Interesses“ zu wählen.

Wie wird dieses Wort wohl in diesem Jahr heißen?

Zur Zeit würde ich auf das Wort „Ultimatum“ tippen. Wie viele Termine sind in den letzten Tagen und Wochen genannt worden. Wie oft wurde ein letzter Termin gesetzt. Vorgestern war auch wieder so ein Zeitpunkt. Der Weltsicherheitsrat der Uno sollte am 14. März endlich „seine Karten auf den Tisch legen“.

Gott sei Dank sind bisher alle diese „letzten Termine“ verstrichen und um weitere Verhandlungen verlängert worden.

Daran, dass wir Menschen uns z.B. in unseren Ehen gegenseitig ein Ultimatum setzen, haben wir uns schon gewöhnt, tragisch wird es immer, wenn sich Völker gegenseitig ein Ultimatum setzen, weil das in der Regel den tausendfachen Tod „Unbeteiligter“ bedeutet.

Das uns aber auch der lebendige Gott ein Ultimatum setzt, das wollen wir oft nicht wahrhaben!

Offenbarung 2, Verse 12 bis 17 (nach Walter Jens):

Schreib an die Gemeinde in Pergamon,

schreib ihrem Engel:

Es spricht zu Euch

der Ritter mit dem scharfen zweischneidigen Schwert.

Ich weiß, wo Du wohnst:

Am Ort des Satan-Throns

ist deine Heimat.

Doch Du bist treu und standhaft,

hältst an meinem Namen fest

und hast auch damals nicht geleugnet,

dass Du an mich glaubst,

als Antipas, mein verlässlicher Zeuge,

ermordet wurde bei Euch,

im Hause des Teufels.

Und dennoch klage ich Dich an:

Du hast Menschen um Dich,

die sich an die Lehre Bileams halten,

des Götzendieners,

der Balak gelehrt hat:

Verführe Israels Kinder,

locke sie ins Verderben,

lass sie kosten,

wie das Opferfleisch schmeckt,

das Geschenk für die Götzen.

Lass sie Unzucht treiben mit Huren.

Ich klage Dich an:

Menschen wohnen bei Dir,

die sich als Ketzer bekennen.

Halt ein! Besinne Dich!

Bedenke: Wenn Du nicht umkehrst,

dann werde ich kommen,

sehr bald,

und die Verführer

mit dem Schwert meines Mundes vernichten.

Wer Ohren hat höre!

Dies verkündet der Geist seinen Gemeinden:

Wer die Bösen besiegt

und die Versuchungen bestanden hat,

dem will ich Manna, das verborgene Himmelsbrot, geben,

das Brot und einen weißen Stein dazu,

auf dem ein neuer Name steht,

ein Name, den niemand kennt.

Niemand - außer den Getreuen,

die ihn von mir empfangen.

Walter Jens, Das A und das O, Radius-Verlag, Seite 14 - 15




Pergamon = Die Gemeinde in der Versuchung eines gefährlichen Kompromisses




1. Empfänger

Offenbarung 2, Vers 12a (Einheitsübersetzung): An den Engel der Gemeinde in Pergamon schreibe:

Pergamon war die eindruckvollste unter den sieben kleinasiatischen Städten.

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 90

Heute heißt die Stadt Bergama. Während der Anfänge des Christentums war sie eine der größten Städte der Region. Der monumentale Zeus-Altar steht heute restauriert im Berliner Pergamon-Museum. ... Nach der Stadt Pergamon ist auch das dort hergestellte Pergament benannt, das aus Tierhäuten hergestellt wird und dem ägyptischen Papyrus überlegen ist. In der großen Bibliothek lagerten einst 200.000 Werke.

G.Hofmann, aus Die Auslese Nr II – Jahrgang 2002, Seite 4 - 6

Sie war damit eine der wertvollsten Bibliotheken des Altertums.

Daneben besaß Pergamon eine Unzahl von Kultstätten. Der riesenhafte Altar des Zeus gehörte zu den sieben Weltwundern der Antike. Auf der Akropolis von Pergamon ragte der Tempel der Athene. Daneben gab es in dieser Stadt einen Tempel, der dem Kaiser Augustus und der Göttin Roma gewidmet war. Dieser Tempel war nicht nur Hauptpflegestätte des Kaiserkultus in Kleinasien, er war auch die erste und älteste derartige Kultstätte, 29 vor Christus entstanden. Eine eigene zahlreiche Priesterschaft gehörte diesem Tempel an.

Aber das bei weitem berühmteste und besuchteste Heiligtum war dem Asklepios, dem Gott der Heilkunst geweiht; es galt als wundertätig und zog die meisten Pilger an. Man könnte es geradezu das Lourdes seiner Zeit nennen.

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 91

Der Hauptsitz dieses weit verbreiteten und blühenden „Schlangen-Heilkultes“ (Asklepios - Soter) mit über 200 Heiligtümern in aller Welt war in Pergamon. Ein Schwimmbecken aus Marmor, das zum Bäder- und Kurbetrieb gehörte, ist noch heute zu besichtigen. Dort wirkte auch Galenus, der berühmteste Arzt des Altertums. Leidende aus aller Welt wallfahrteten nach Pergamon und die Ärzte wurden „Heiland“ und „Retter“ genannt.



2. Absender

Offenbarung 2, Vers 12b (Einheitsübersetzung): So spricht Er, der das scharfe, zweischneidige Schwert trägt:

Der Absender stellt sich mit Kapitel 1, Vers 16a der Gemeinde ganz kurz vor (Einheitsübersetzung): In seiner Rechten hielt er sieben Sterne, und aus seinem Mund kam ein scharfes, zweischneidiges Schwert.

Im Anschreiben an die Gemeinde ist alles ist auf die Schärfe des Richterschwertes bezogen. Alle Verdunkelungsversuche werden von diesem Richter durchstoßen, alle Vermischungen und Verwischungen zertrennt. Als Thema der Botschaft ist zu erwarten: Wider die Vermischung!

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 122

Auch in der Bileamsgeschichte spielt das „Schwert“ eine wichtige Rolle. Der Engel des Herrn stellt sich dem Bileam mit einem gezückten Schwert dreimal in den Weg (4. Mose 22, Verse 23 – 35), und zum Schluss wird er durch das Schwert getötet (Josua 13, Vers 22).



3. Bestandsaufnahme

Offenbarung 2, Vers 13 (Einheitsübersetzung): Ich weiß, wo du wohnst; es ist dort, wo der Thron des Satans steht. Und doch hältst du an meinem Namen fest und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch nicht in den Tagen, als Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet wurde, dort, wo der Satan wohnt.

Aber ich habe etwas gegen dich: Bei dir gibt es Leute, die an der Lehre Bileams festhalten; Bileam lehrte Balak, er solle die Israeliten dazu verführen, Fleisch zu essen, das den Götzen geweiht war, und Unzucht zu treiben. So gibt es auch bei dir Leute, die in gleicher Weise an der Lehre der Nikolaiten festhalten.

Die Bestandsaufnahme der Gemeinde beginnt wieder mit dem tröstlichen und zugleich unbestechlichen „Ich weiß“ des erhöhten Herrn. Aber es werden nicht die Taten oder die Wirkungen der Gemeinde genannt, sondern der Wohnort! Ich weiß, wo du wohnst; es ist dort, wo der Thron des Satans steht.

Die Gemeinde Pergamon lebt in Wohngemeinschaft mit dem Satan.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 123

Jede Stadt hat nicht nur ihren unverwechselbaren Charakter, ganz egal, ob es sich dabei um Rom, Köln, Berlin oder Krefeld handelt. Jede Stadt hat auch eine ganz eigene Atmosphäre: ob weltoffen oder hinterwäldlerisch, ob tolerant oder mit Wiener Charme. Die Atmosphäre der Stadt Pergamon war teuflisch. Pergamon war der Thron Satans, Zentrale satanischer Strategie.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 123

In dieser Stadt hatte damals der Teufel sein Hauptquartier aufgeschlagen. So bescheinigt es Jesus seiner Gemeinde. Nun mag sich das für unsere aufgeklärten Ohren seltsam und wie aus einer anderen Zeit anhören. Aber es ändert nichts an den Tatsachen. Biblisch gilt es für uns festzuhalten, dass es die Realität des personifizierten Bösen – des Teufels und seiner Dämonen – so wirklich gibt, wie es uns hier heute morgen gibt. Und Jesus geht noch einen Schritt weiter und identifiziert den Wohnort Pergamons als die damalige Macht- und Schaltstelle des Bösen.

Pergamon war damals ein religiöser Schmelztiegel. Zeus, Athene, Rom, dem Kaiser Augustus und der Schlangen-Heilkunst waren weltberühmte Tempel und monumentale Bauwerke gewidmet, die wir heute als historische Sehenswürdigkeiten bewundern. Damals waren sie funktionierende Anbetungsstätten aller möglichen und unmöglichen Kulte mit Priesterschaft und Opferkultus.

Religion ist niemals neutral und wirkungslos. Jeder, der sich in Krefeld für den Bau einer Moschee einsetzt, sollte sich dessen bewusst sein. Von daher ist der Einsatz der Bürgermeisterin Karin Meincke als Schirmherrin für ProChrist, die sich heute Abend einem Interview stellt um so bemerkenswerter, wenn sie sagt: „In dem religiösen Mischmasch unserer Tage brauchen wir ein klares und deutliches Bekenntnis zu Jesus Christus. Deshalb unterstütze ich persönlich ProChrist und setze mich für diese Veranstaltung als Schirmherrin ein.“

Manche Ausleger versuchen den Thron des Satans mit dem Zeus-Tempel oder der Schlangen-Heilkunst zu identifizieren. Aber es empfiehlt sich, die Bezeichnung "Thron Satans" auf die ganze Stadt zu beziehen, in der die Gemeindeglieder verstreut wohnten, nicht aber auf bestimmte Bauten. Es ging um etwas Atmosphärisches, um Pergamon als hellenistisches Zentrum in seiner imposanten Gesamtheit, mit allem, was es religiös, kulturell und politisch so betäubend ausstrahlte.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 124

Mitten in dieser Stadt – Tür an Tür mit dem Teufel – lebt die Gemeinde Jesu, und ihr wird von Jesus in diesem äußerst schwierigen Wohnumfeld bescheinigt: Du hältst an meinem Namen fest und hast den Glauben an mich nicht verleugnet.

Das deutsche Wort "festhalten" ist hier zu blaß. Sich mit aller Kraft festklammern und festkrallen, darum ging es. Es sollte etwas entrissen werden. Zum Loslassen wurde aufgefordert. Eine Verfolgungswelle ging über die Gemeinde hinweg. Umkämpft wurde der Name Jesu.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 124

Das erste Opfer war Antipas. Er ist der erste namentlich genannte Märtyrer in der Offenbarung. Über den Vorfall selbst lassen sich nur Vermutungen anstellen. Theodor Zahn bringt den ausdrücklichen Hinweis auf Satan an dieser Stelle mit dem Schlangenkult zusammen. Vielleicht fand gerade ein Fest zu Ehren dieses "Weltheilandes" in Pergamon statt. Pilger aus der ganzen Provinz strömten zusammen; drangvoll die Straßen, durch die sich bei hochgespannter Stimmung die Prozession bewegte. Da wird der als Christ bekannte Antipas als kritischer Zuschauer bemerkt. Schon Schweigen kann sprechen! Er wird herausgefordert und bleibt standhaft bis in den Tod. Er scheint ein Opfer des Fanatismus geworden zu sein. Nichts deutet auf eine planmäßige Verfolgung und auf ein gerichtliches Verfahren hin.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 125

Antipas erhält denselben Titel wie Jesus Christus in Kapitel 1, Vers 5: „er ist der treue Zeuge“. Die enge Schicksalsgemeinschaft mit Jesus spricht daraus.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 125

Dem Lob für das klare und leiderprobte Bekenntnis der Gemeinde nach außen folgt die Anklage: Aber ich habe etwas gegen dich!

Nach außen war die Gemeinde in ihrem Christusbekenntnis klar, eindeutig und ohne faule Kompromisse. Sie waren in Pergamon als Fundamentalisten verschrien, als Jesusleute, als intolerant abgestempelt. Antipas hatte dieses Bekenntnis bereits mit seinem Leben bezahlt.

Aber nach innen war die Gemeinde zerrissen. Jesus sagt ihr: Bei dir gibt es Leute, die an der Lehre Bileams festhalten.

Zweimal Festhalten, das eine Mal am Namen Jesu, das andere Mal am Rat des Bileam. Dieses zweierlei Festhalten schien sich in Pergamon zu vertragen. Aber das Schwert des Herrn fährt dazwischen. Es verträgt sich nicht!

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 126

Der Rat des Bileam (4. Mose 31, Vers 16 und 4. Mose 25, Verse 1 bis 3), bestand in einer ganzen „Harmlosigkeit“, gemessen an einer Aufrüstung zur Feldschlacht: Lade sie zur Teilnahme am Götzendienst ein (und an der dabei üblichen Unzucht)! Schicke ihnen nicht ein großes Heer entgegen, sondern kleine Mädchen! Es handelte sich also um eine Kleinigkeit im Sinne einer Falle.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 126

Diese „Falle“ kostete 24.000 Israeliten das Leben. Sie tappten in die Falle nachdem sie einen großen Sieg errungen hatten. Sie waren müde, abgekämpft und hungrig. Sie wollten von Gott und seinem Gebot einen kurzen Urlaub nehmen. Aber aus dem Urlaub von Gott kommen die meisten nicht wieder zurück.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 90

Wie Balak seinen Bileam hatte, so hatten die Pergamener ihre Nikolaiten. Die Nikolaiten spielten in Pergamon die Rolle Bileams.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 128

Bei den Nikolaiten handelt es sich um eine Gruppe von Irrlehrern, der sogenannten Gnosis, die drei der sieben Gemeinden namentlich (Ephesus, Pergamon, Thyatira) in Kleinasien bedrohten. Die Gnosis verstand die Erlösung allein als Sache geistiger Erkenntnis, für die das äußere Handeln und Verhalten des Menschen bedeutungslos ist. So passten sich die damaligen Gnostiker ihrer jeweiligen Umgebung wie ein Chamäleon an, um nicht aufzufallen und die gesellschaftliche Existenz nicht zu gefährden. Toleranz, Synkretismus, Religionsvermischung und ein völlig liberaler Lebensstil sind Kennzeichen der Nikolaiten.

Die heutigen Nachfahren der Gnostiker finden wir z.B. bei der Christengemeinschaft eines Rudolf Steiner und seiner Walldorfschulen oder bei den verschiedensten esoterischen Gruppierungen unserer Tage wieder.

Der erhöhte Herr klagt seine Gemeinde an, weil sie Irrlehrer in ihren eigenen Reihen duldet und keine Gemeindezucht übt. Offensichtlich herrschte in der Gemeinde von Pergamon eine falsch verstandene Toleranz, ein gefährlicher Pluralismus, vielleicht sogar gut christlich gemeint und mit den bekannten Worten aus Galater 6, Vers 2: „Einer trage des anderen Last!“ versehen. Unter Umständen gehörten ja einige der Nikolaiten zu einer angesehenen Gemeindefamilie, oder waren einer der Hauptgeldgeber oder arbeiteten an einflussreicher Stelle in der Gemeinde mit.

Das klare äußere Christusbekenntnis der Gemeinde ist durch den inneren Gemeindepluralismus aufs Äußerte gefährdet. Man kann nicht auf Dauer als Gemeinde Christus als den einzigen Weg bekennen, wenn gleichzeitig Mitglieder der Gemeinde Jesus lediglich noch als einen Weg neben vielen anderen Möglichkeiten sehen. Man kann nicht auf Dauer als Gemeinde für ein Leben nach den Zehn Geboten eintreten, wenn gleichzeitig Mitglieder der Gemeinde für ihre Gesundheit, Schönheit, ihren Wohlstand und ihre gesellschaftliche Anerkennung jeden Kompromiss eingehen.

Das war die Situation in Pergamon.



4. Folgerung

Offenbarung 2, Vers 16 (Einheitsübersetzung): Kehr nun um! Sonst komme ich bald und werde sie mit dem Schwert aus meinem Mund bekämpfen.

Jesus stellt seiner Gemeinde ein Ultimatum. Er ruft sie zur Buße auf. Die Gemeinde hat lediglich zwei Möglichkeiten:

- entweder übt sie Gemeindezucht und schließt die Irrlehrer aus

- oder Jesus selbst wird sie mit dem Schwert seines Mundes bekämpfen

Das Gericht weiß die Urheber genau zu treffen, aber die ganze Gemeinde wird dadurch gezüchtigt und beschämt.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 129

Bei den hier angedrohten Konsequenzen müssen wir folgendes beachten:

1. Es handelt sich hier – wie in allen Sendschreiben - um einen „Zwischenbericht“ und nicht um einen „Abschlußbericht“. Das Ultimatum ist noch nicht verstrichen. Die Gemeinde kann noch handeln und das bedeutet Gemeindezucht üben.

2. Die Gemeinde wird hier nicht aufgefordert, einen gemeindeinternen Nachrichtendienst einzurichten und sich gegenseitig auszuspitzeln und zu misstrauen. Die Anhänger der Nikolaiten dürften allen, aber sicherlich einigen in der Gemeinde bekannt gewesen sein. Nicht die Unkenntnis über die Lehre und das Leben dieser Leute, sondern die falschverstandene Toleranz gegenüber diesen Leuten war die Schuld der Gemeinde.

3. Der gehorsame Weg der Gemeinde in Pergamon ist von Jesus selbst in Matthäus 18 ab Vers 15 beschrieben: Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muß durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.

Gemeindezucht hat das Ziel, einen sündigen oder irrenden Mitchristen zurecht und damit zurück zu bringen. Die Initiative soll dabei immer von dem ausgehen, der seinen Mitchristen sündigen sieht. Damit kann keiner von uns auf einen anderen – oder gar auf den Ältestenkreis - verweisen, sondern wir alle tragen miteinander füreinander Verantwortung. So hat es der Herr der Gemeinde gesagt!

Weil die Gemeinde in der Summe ihrer Mitglieder ihre gegenseitige Verantwortung füreinander nicht wahrnimmt und stattdessen Irrlehrer mit einer unmoralischen Lebenshaltung in ihren eigenen Reihen toleriert, schaltet sich jetzt Jesus selbst ein und setzt seiner Gemeinde ein Ultimatum.

Heute existiert in Bergama noch eine kleine christliche Gemeinschaft.

G.Hofmann, aus Die Auslese Nr II – Jahrgang 2002, Seite 6



5. Aufruf

Offenbarung 2, Vers 17 (Einheitsübersetzung): Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer siegt, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben. Ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf dem Stein steht ein neuer Name, den nur der kennt, der ihn empfängt.

Was sagt der Geist im Lichte gerade dieser Gemeindebotschaft? Er sagt zur Gemeinde ja und nein, ja zu ihrem Bekenntnis nach außen, nein zu ihrem innergemeindlichen Schweigen. Er sagt ihr: Deine Bekenntnissituation ist mit "jenen Tagen" nicht zu Ende. Sie verlängert sich bis in dein Heute. Unverändert wohnst du, wo Satans Thron ist. Die "alte Schlange" begegnete damals als Mörderin, jetzt als Verführerin. Zweimal also der Satan. Darum geht es auch zweimal um deine Treue und zweimal um Sieg.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 129

Den Siegern, die also durchhalten bis zum Ende, wird zweierlei versprochen:

- Er wird zu essen bekommen

- Er wird einen weißen Stein mit einem neuen Namen bekommen

Das Essen ist als Zeichen vollkommener Gemeinschaft mit Christus zu verstehen. Jesus ist das Brot des Lebens. Bengel bemerkt: "Darüber sollte man den Appetit zum Götzenopferfleisch verlieren."

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 129

Der Empfang des weißen Steines erklärt sich als Element der Siegerehrung.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 130

Die ursprüngliche Bedeutung hat mit dem Gerichtsverfahren zu tun: Die Richter gaben schwarze Steine im Fall des Todesurteils, weiße Steine im Falle des Freispruchs ab (siehe Apostelgeschichte 26, Vers 10).

Hanns Lilje, Das letzte Buch der Bibel, Hamburg 1961, Seite 96

Der weiße Stein bedeutet: Ich bin begnadigt und Jesus meint es gut mit mir! Auf dem Stein ist ein neuer Name geschrieben. Hier begegnet uns das erste Mal das Wort „neu“ in der Offenbarung. Später wird von neuen Liedern, einem neuen Jerusalem, einem neuen Himmel und neuer Erde zu lesen sein. Alles neu! Das ist das Kennwort der kommenden Welt Gottes. Gegenbegriff ist das gegenwärtig Bestehende. Den Übergang vom einen zum anderen leistet nicht eine Entwicklung. Entwicklung macht nichts neu, sondern offenbart nur das Alte neu. Darum bezeichnet "neu" den Schöpferakt, das Wunder.

Adolf Pohl, Die Offenbarung des Johannes, 1.Teil, Wuppertal 1983, Seite 130

Die Väter haben gesagt, so wie zwei Menschen, die einander lieb haben, die einander Namen geben, die sie vor Dritten nicht aussprechen, dürfte auch ein Christ sein besonderes Geheimnis mit seinem Herrn haben, jetzt schon und vor allem in der Ewigkeit, das Geheimnis der persönlichen Liebe.

Fritz Grünzweig, Johannes-Offenbarung, 1.Teil, Stuttgart 1983, Seite 94



Krefeld, den 16. März 2003
Pastor Siegfried Ochs



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