Sie blieben aber beständig in der Gemeinschaft

In der Apostelgeschichte 2, Vers 42 (Luther 1984) heißt es unter anderem von den ersten Christen: Sie blieben aber beständig in der Gemeinschaft.

Vielleicht würden wir heute eher in das Lied von Reinhard Mey einstimmen: Bevor ich mit den Wölfen heule, werd' ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. Ich laufe nicht mit dem Rudel, ich schwimme nicht mit im Strudel, ich hab' noch nie auf Befehl gebellt. Ich lasse mich nicht verhunzen, ich will nach Belieben grunzen, im Alleingang, wie es mir gefällt! Ich will in keinem Haufen raufen, lass mich mit keinem Verein ein!

Rechnet nicht mit mir beim Fahnen schwenken, ganz gleich, welcher Farbe sie auch sei'n. Ich bin noch imstand', allein zu denken, und verkneif' mir das Parolenschrei'n. Und mir fehlt, um öde Phrasen, abgedroschen, aufgeblasen, nachzubeten, jede Spur von Lust. Und es passt was ich mir denke, auch wenn ich mich sehr beschränke, nicht auf einen Knopf an meiner Brust! Ich will in keinem Haufen raufen, lass mich mit keinem Verein ein!

Bevor ich trommle und im Marschtakt singe und blökend mit den Schafen mitmarschier', gescheh'n noch viele ungescheh'ne Dinge, wenn ich mir jeh gefall' als Herdentier. Und so nehm' ich zur Devise, keine andere als diese: Wo schon zwei sind, kann kein dritter sein. Ich sing' weiter ad libitum (= nach Belieben), ich marschier' verkehrt herum, und ich lieb' dich weiterhin allein! Ich will in keinem Haufen raufen, lass mich mit keinem Verein ein!

Erinnert euch daran, sie waren zwölfe: den dreizehnten, den haben sie eiskalt verraten und verhökert an die Wölfe. Man merke: Im Verein wird keiner alt! Worum es geht, ist mir schnuppe: Mehr als zwei sind eine Gruppe. Jeder dritte hat ein and'res Ziel, der nagelt mit Engelsmiene beiden ein Ei auf die Schiene! Nein, bei drei'n ist einer schon zu viel! Ich will in keinem Haufen raufen, lass mich mit keinem Verein ein!

Reinhard Mey, Bevor ich mit den Wölfen heule

auf „Mein achtel Lorbeerblatt“ vom 1. September 1992

Wir haben eben unsere Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Gemeinschaften gemacht. Angefangen von der Nachbarschaft, über Klassenverbände, den Kegelklub und eben auch mit der Gemeinde als ganzes und den verschiedensten Kreisen und Gruppen im Besonderen.

Jeder von uns könnte sicherlich von Enttäuschungen und Verletzungen berichten, von Missverständnissen und Streit, oder vielleicht sogar von frustrierenden Erlebnissen und tief sitzenden Wunden.

Und vielleicht will ich deshalb ja auch lieber ala' Reinhard Mey in keinem Haufen mehr raufen, mich auf keinen Verein mehr einlassen! - und halte mich auf Distanz zur Gemeinschaft.

Auf der anderen Seite brauche ich aber ein DU, ein Gegenüber. Menschen, mit denen ich reden und schweigen, lachen und weinen, beten und arbeiten kann!

Auf einer Internetseite rund um das Thema Gesundheit, heißt es: Soziale Bindungen sind von größter Wichtigkeit für ein gesundes und fröhliches Leben. Sie nehmen denselben Stellenwert wie die Ernährung und die Bewegung ein.

http://www.infoquelle.de/Gesundheit/soziale_Bindungen.cfm

Ich brauche also Gemeinschaft mit anderen Menschen. Ich bin darauf angewiesen. Ich kann nicht alleine leben.

Ich suche also eine starke Gemeinschaft! Eine Gemeinschaft, die so stark ist, dass sie mich mich selber sein lässt, die mich nicht passend haben will, sondern meine Andersartigkeit erträgt und fördert!

Ich suche also eine starke Gemeinschaft, die mich aber auch nicht mich selbst überlässt, sondern mir nachgeht, mir Hilfestellung gibt, wenn ich es will. Wo ich echte Beziehung erfahre, Freundschaft erlebe, wo Christsein Freude macht, wo man nicht gegeneinander glaubt, sondern miteinander; nicht übereinander redet, sondern miteinander betet; nicht gegeneinander arbeitet, sondern miteinander hofft, glaubt, bangt und kämpft - in aller Unterschiedlichkeit, den Gaben entsprechend, dem Alter gemäß, bunt und verschieden und doch: Einer für alle - alle für einen: FeG?

Das wär schon was, wenn das wahr wäre! Wenn wir so eine Gemeinschaft wären.

Im Lexikon findet man unter dem Stichwort Gemeinschaft: Gruppe von Personen, die durch gemeinsame Gedanken, Ideale oder Ähnliches verbunden sind.

Duden 1993

Als Beispiele werden genannt: Erbengemeinschaft, Glaubensgemeinschaft, Hausgemeinschaft, Interessengemeinschaft, Religionsgemeinschaft, Solidargemeinschaft, Sprachgemeinschaft.

Biblisch betrachtet geht Gemeinschaft weiter. Das griechische Wort Koinonia kann man wiedergeben mit Mitteilsamkeit, Selbstlosigkeit, Anteilnahme, Beteiligung und Teilnahme.

Das kommt dem sinnverwandten Begriff des Dudens für Gemeinschaft schon recht nahe: Mannschaft.

Gemeinschaft ist etwas anderes als Freundschaft – sie ist sowohl stärker in ihrer Vielschichtigkeit als auch schwächer (zumindest am Anfang) in der Bindung der Individuen aneinander. Die Mitgliedschaft ist oft willkürlich, oder von außen verordnet, durch Zufall oder Geografie, Geschichte oder Schicksal.

Mark Eddy Smith, Tolkiens ganz gewöhnliche Helden, Seite 42

Gemeinschaft ist Geben und Nehmen!

Man kann also nicht darauf warten, dass der Andere kommt um mit mir Gemeinschaft zu haben, um mir zuzuhören und das zu geben, was ich erhoffe. Sondern ich selbst muss mich einbringen und mich auf den anderen zu bewegen, ihm zuhören, ihm geben, was er braucht.

Wirkliche Gemeinschaft ereignet sich nur dort, wo es zum Wechselspiel zwischen Geben und Nehmen kommt. Wo einer nur in eine Gemeinschaft investiert, nur gibt, oder wo einer nur empfangen will, wird diese Gemeinschaft über kurz oder lang zerbrechen.

Gemeinschaft lebt von Freiheit und Toleranz!

Ich werde in einer wirklichen Gemeinschaft nicht passend gemacht, sondern ich darf der sein, der ich bin. Mehr noch, ich darf der werden, den Gott sich mit mir gedacht hat. Ich muss nicht so reden wie die anderen, so aussehen, auch nicht so glauben. Wirkliche Gemeinschaft engt einen also nicht ein, sondern sie gibt einem Freiheit und geht tolerant miteinander um. Deshalb hat Reinhard Mey auch Unrecht mit seinem Lied und seiner Angst, dass eine Gemeinschaft einem die Luft zum Atmen nimmt.

Wirkliche Gemeinschaft hält die Unterschiede aus und versucht den anderen nicht passend zu machen. Denn eine christliche Gemeinschaft lebt nicht von der Gleichheit, sondern von der Einheit in der Verschiedenheit der Rasse, der sozialen Schicht, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Alters und der Bildung. Eine christliche Gemeinschaft hält das Trennende aus und lässt den anderen stehen, wie er ist. Sie toleriert, ja mehr noch sie akzeptiert die Unterschiede, die Andersartigkeit, die Einzigartigkeit des Einzelnen als Reichtum unseres Schöpfers.

Nur in sektiererischen Gruppen verliert der Einzelne seine Identität. Wirkliche christliche Gemeinschaft erlaubt es dem Einzelnen er selbst zu sein mit allen Stärken und Schwächen.

Gemeinschaft lebt von Verbindlichkeit und Hingabe!

Daneben ist jede Gemeinschaft – ob als Gesamtgemeinde, oder als Hauskreis oder Biblischer Unterricht, ob Frauenkreis oder Teenagerkreis darauf angewiesen, dass alle Teilnehmer sich verbindlich zur Gemeinschaft halten. Das betrifft nicht nur die Pünktlichkeit, sondern auch die Verschwiegenheit in der Gruppe. Der Tod im Topf einer jeden Gemeinschaft ist die Unverbindlichkeit der Teilnehmer. Keine Gemeinschaft kann ohne die Hingabe seiner Teilnehmer existieren. Damit sich unter uns auf den verschiedensten Ebenen Gemeinschaft erfahren lässt, brauchen wir verbindliche Absprachen an die wir uns freiwillig miteinander halten. Denn jede Gemeinschaft steht und fällt mit der Verbindlichkeit und Hingabe seiner Mitglieder.

Ich weiß nicht, wer von euch die drei Filme vom Herrn der Ringe gesehen hat. Ich will jetzt hier heute Morgen auch keine Werbung für Tolkiens Herrn der Ringe machen, aber diese Geschichte lebt von der Gemeinschaft, von der Gemeinschaft der vier Hobbits: Frodo, Sam, Pippin und Merry, vom Zwerg Gimli, vom Elben Legolas und vom Menschen Boromir. Gandalf und Aragon gehören selbstverständlich dazu, weil ihr Schicksal untrennbar mit dem Ring verbunden ist.

Diese neun werden in Elronds Rat zu einer schicksalhaften Gemeinschaft zusammengestellt und machen sich gemeinsam auf den Weg um diesen einen Ring, den Meisterring in Mordor dem Feuer zu übergeben.

Gerade an diesem fantastischen Märchen kann man etwas über die wichtigen Tugenden und Werte einer Gemeinschaft lernen. So wie jede Gemeinschaft leben auch sie vom Geben und Nehmen, dass sich einer auf den anderen verlassen kann, von Freiheit und Toleranz. Man muss bloß an den Elb und den Zwerg denken. Zum guten Schluss sind sie unzertrennbar. Und ihre Gemeinschaft steht und fällt mit ihrer Verbindlichkeit und Hingabe. Frodo wäre niemals ohne Sam bis zum Ende der Geschichte gekommen!

Und alles beginnt mit der Entscheidung eines jeden Einzelnen ja zu dieser Gemeinschaft und dem größten Abenteuer ihres Lebens zu sagen. Wahre Gemeinschaft basiert immer auf einer Entscheidung:

- zum Geben und Nehmen

- zu Freiheit und Toleranz

- zu Verbindlichkeit und Hingabe

So wird aus neun unterschiedlichen Wesen, aus Menschen und Zwergen, aus Hobbits und Elben eine verschworene Mannschaft. Und die neun Gefährten machen sich auf den langen Weg nach Mordor. Dabei wird ihre Gemeinschaft immer wieder gefährdet bleiben.

Es gibt verschiedene Rezepte wie man so eine Gemeinschaft ruinieren kann:

1. Erzählen Sie am besten etwas von dem weiter, was der andere ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut hat. Machen Sie sich wichtig damit oder seien Sie einfach nur geschwätzig. Ihr Gefährte wird es ihnen danken.

2. Befürchten Sie immer, dass der andere Sie fallen lässt, sobald er jemand Interessanteren findet. Seien Sie misstrauisch und eifersüchtig und kontrollieren Sie, was er sonst noch für Beziehungen pflegt. So werden Sie mit Sicherheit erreichen, was Sie befürchten: dass Sie Ihm nicht vertrauen können.

3. Benutzen Sie den anderen, um ihre innere Leere zu füllen, das Loch in sich zu stopfen. Klammern Sie sich an ihn. Sagen Sie ihm möglichst oft, dass Sie sich nicht genug beachtet fühlen. Dass er mit allen anderen mehr Zeit verbringt und aufmerksamer ist. Machen Sie ihm Schuldgefühle, weil er sich nicht genug um Sie kümmert. Das wird seine Zuneigung zu Ihnen steigern.

4. Erwarten Sie vom anderen, dass er von Ihren Augen abliest, wie es Ihnen geht. Sagen Sie möglichst nie, was Sie wollen oder nicht wollen. Bleiben Sie stumm und erwartungsvoll und leidend...

5. Und lassen Sie nie einen Konflikt aufkommen. Schlucken Sie alles, kehren Sie alles unter den Teppich. Wenn der andere Sie fragt, was denn los ist, sagen Sie am besten „ach nichts“ ...

Angela Ludwig, Brennpunkt Seelsorge, Nr. 2/98, Seite 31

Diese nicht ernst gemeinten Anti-Tipps zerstören garantiert jede Gemeinschaft oder führen in eine ungesunde menschliche Abhängigkeit.

Jede Gemeinschaft ist und bleibt gefährdet. Sie ist gefährdet durch unsere Sündhaftigkeit und unseren Egoismus. Die Ringgemeinschaft der neun Gefährten zerbricht, als Boromir seine Hand nach dem Ring und seiner Macht ausstreckt. Er selbst bezahlt dafür mit dem eigenen Leben.

Auch jede christliche Gemeinschaft ist und bleibt durch uns und unseren Egoismus gefährdet.

Wie sagte mal jemand: Christen sind kranke Leute, wie alle anderen auch! Und sie müssen immer wieder ins Hospital um sich heilen zu lassen und sie nehmen ihre Freunde mit, dass sie auch diese Heilung erleben. Christen werden erst im Sarg gesund!

In diese Falle tappen wir immer wieder und halten uns als christliche Gemeinschaft für vollkommen und sündlos. Aber es ist genau umgekehrt. Wir sind nicht die Gemeinschaft der Sündlosen, sondern der Sünder. Deshalb hängen wir uns doch an Jesus, weil wir Sünder sind und bleiben und einen Heiland nötig haben!

Jede Gemeinschaft, in die wir gestellt werden ist einerseits ein riesiges Geschenk und zugleich eine Herausforderung für uns. Am nächsten Wochenende werden 11 Mitglieder unserer Gemeinde – falls nicht noch welche kurzfristig dazustoßen – ein ganzes Wochenende bei der Hauskreis-Mitarbeiter-Freizeit in Solingen Gemeinschaft erleben, mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Chancen und Gefahren einer solchen intensiven Gemeinschaft.

Wir können an unseren Gefährten reifen, wachsen, uns selbst erkennen, über uns hinauswachsen oder aber an der Gemeinschaft zerbrechen.

Die größte Gefahr für jede Gemeinschaft – und gerade auch für eine christliche Gemeinschaft – sind wir selbst, sind unsere Erwartungen an die Anderen. Wir erwarten alles von den Anderen. Dabei ist die Umkehrung dieses Denkens geradezu gemeinschaftsfördernd: Bin ich selbst überhaupt gemeinschaftsfähig? Wie will und kann ich mich in die Gemeinschaft investieren?

Oder wie Dietrich Bonhoeffer in seinem Buch „Gemeinsamens Leben“ schrieb: Viele suchen die Gemeinschaft aus Furcht vor der Einsamkeit. ... Auch Christen, die nicht allein mit sich fertig werden können, die mit sich selbst schlechte Erfahrungen gemacht haben, hoffen in der Gemeinschaft anderer Menschen Hilfe zu erfahren. Meist werden sie enttäuscht und machen dann der Gemeinschaft zum Vorwurf, was ihre eigenste Schuld ist. Die christliche Gemeinschaft ist kein geistliches Sanatorium. Wer auf der Flucht vor sich selbst bei der Gemeinschaft einkehrt, der missbraucht sie zum Geschwätz und zur Zerstreuung, und mag dieses Geschwätz und diese Zerstreuung noch so geistlich aussehen. In Wahrheit sucht er gar nicht die Gemeinschaft, sondern den Rausch, der die Vereinsamung für kurze Zeit vergessen lässt und gerade dadurch die tödliche Vereinsamung des Menschen schafft.

Wer nicht allein sein kann, der hüte sich vor der Gemeinschaft. Wer nicht in der Gemeinschaft steht, der hüte sich vor dem Alleinsein.

Wer Gemeinschaft will ohne Alleinsein, der stürzt in die Leere der Worte und Gefühle, wer Alleinsein sucht ohne Gemeinschaft, der kommt im Abgrund der Eitelkeit, Selbstvernarrtheit und Verzweiflung um.

Dietrich Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, Seite 64 bis 65

Die christliche Gemeinschaft ist also nicht dazu da, meine Defizite auszugleichen, sondern sie ist da, weil Gott sie ins Leben gerufen hat, damit sie als Salz und Licht in dieser Welt wirkt. Sie ist nicht für mich da. Aber ich bin als Christ durch Christus selbst in seinen Leib gerufen worden und in eine christliche Gemeinschaft gestellt.

Zinzendorf hat diesen Satz geprägt: Es gibt kein Christentum ohne Gemeinschaft. Eine Frau sagte mir einmal – nachdem ich sie fragte, weshalb sie denn nicht in die Gemeinde kommt – „Ich kann meinen Heiland auch für mich alleine haben!“ Sicherlich kann sie das und muss sie das sogar. Gott hat keine Enkelkinder! Und dennoch: Ohne Gemeinschaft kann man nicht Christ sein und Jesus ist nicht für sich allein zu haben!

Genauso wenig wie ich mir meine Haarfarbe, die Größe meiner Augen, meine Beine oder die sonstige Beschaffenheit meines eigenen menschlichen Körpers aussuchen, sondern nur wahrnehmen konnte; so kann ich mir auch nicht die Gemeinde aussuchen, sondern mich als Christ in der verbindlichen Gemeinschaft mit meinen Mitchristen nur als Leib Christi wahrnehmen.

Nicht nur am Boom der Schönheitschirurgie lässt sich die Unzufriedenheit vieler mit ihrem eigenen Aussehen erkennen, die fehlende Bereitschaft zur Selbstannahme. Vielleicht liegt hier ja auch ein ganz entscheidender Schlüssel. Denn ich bin nur in dem Maße gemeinschaftsfähig, wie ich mich selbst auch angenommen habe. Dort wo ich mich selbst als Person nicht angenommen habe, mich unter Umständen sogar noch nicht einmal ausstehen kann, wird es mir auch in einer Gemeinschaft schwer fallen einen anderen anzunehmen. Aber genauso wie ich letztlich in meinem Leben nur zufrieden werde, wenn ich mich als Person und Persönlichkeit annehmen lerne als von Gott gewollt, geliebt und geschaffen, so wie ich nun mal bin und aussehe; werde ich gemeinschaftsfähig, wenn ich es lerne, den anderen ebenfalls anzunehmen als von Gott gewollt, geliebt und geschaffen, so wie er nun einmal ist und aussieht.

Meines Erachtens gibt es drei entscheidende Grundwerte, die für eine christliche Gemeinschaft unverzichtbar sind:

1. Christus ist das einzige verbindende Element unserer Gemeinschaft

2. Liebende leben von der Vergebung!

3. Nähe und Distanz, Erwartung und Neugier

Nicht ein Ring, nicht gemeinsame Hobbys oder eine gemeinsame politische Überzeugung, sondern ein gemeinsamer HERR macht unsere Gemeinschaft aus: Jesus Christus. Weil Christus unsere Mitte ist, leben Christen von der Vergebung. So wie Christus uns vergeben hat, sollen und müssen wir einander immer und immer wieder vergeben. Denn wir werden immer wieder aneinander schuldig werden. So wie keine Ehe ohne die Vergebungsbereitschaft der Eheleute auskommt, so lebt jede Gemeinschaft von der Vergebung. Liebende leben von der Vergebung, sagte Manfred Hausmann. Ohne unsere Vergebungsbereitschaft stirbt unsere Gemeinschaft! Daneben lebt oder stirbt unsere Gemeinschaft von den Erwartungen unserer Mitglieder. Wir haben Nähe- und Distanz-Typen in unserer Gemeinde, Menschen, denen zu viel Nähe Angst macht und Menschen, die sehr viel Nähe brauchen. Der Tod im Topf einer jeden Gemeinschaft sind meine unausgesprochenen Erwartungen. Vielleicht sollte ich statt dessen einfach neugierig und offen für das bleiben, was sich unter uns ereignet, oder wie der bekannte Pater Lippert Ende der 20er Jahre einmal schrieb: Weil ihr vielen Menschen dienen wollt, dürft ihr euch an keinen Menschen klammern; weil ihr andere tragen wollt, dürft ihr nicht selbst von einem Menschen getragen werden wollen, dürft euch an keinen von denen anlehnen, die ihr stützen wollt. Nur an Gott könnt ihr euch anlehnen und schmiegen, ja anklammern; vor ihm dürft ihr müde, schwach, mitleiderregend und weinend niederfallen, vor ihm darf euch endlich alle Kraft, Fassung und Selbstbeherrschung verlassen.

So ist also euer Bund nach allen Seiten offen wie eine Tempelhalle, die nur auf Säulen ruht. Und allen Menschen steht sie offen, die da kommen wollen, auch selbst als neue Mitglieder eures Bundes – wenn sie nur die Weihe und den Kuss vom Genius der Liebe, der innigen und doch innerlich freien, der selbstlosen und doch eifrigen, der Gott suchenden und doch Menschen warm und herzlich umfassenden Liebe erhalten haben.

Peter Lippert, Vom Lebenszyklus der Gemeinschaften, OjC 1/2001, Seite 28

Wir sind von Jesus selbst in eine Gemeinschaft gestellt worden, um als seine Mannschaft mit ihm und durch ihn zu leben. So sind wir seine Gefährten, Gefährten des Königs und Gefährten des Sünderheilands. Wir brauchen keine Helden zu sein, sondern dürfen Sünder sein. Wir sind keine Ringträger, sondern Kreuzträger, berufen zur Nachfolge Christi. Amen.



Krefeld, den 12. September 2004
Pastor Siegfried Ochs



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